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ya¹ Tagesfestival für aktuelle Musik

Sa
6/8/22
bis
Sa
6/8/22
Essen
Ausrichter
Roberto Beseler Maxwell & Levin Eric Zimmermann
017672357897
Internet: weitere Informationen
Das ya¹ Festival findet am 6. August statt. Mit 6 Konzerten an 6 verschiedenen Locations und 6 unterschiedlichen Musiktraditionen wird das Publikum auf einen musikalischen Spaziergang durch Essen-Borbeck eingeladen. Um unterschiedliche Traditionen nicht willkürlich aneinanderzureihen, findet das Festival unter dem übergreifenden Schlagwort "drone" (zu dt. Bordun) statt:
(1) Am Samstag morgen werden Besucher:innen zu einer Performance der hindustanischen Musiktradition Dhrupad eingeladen. Unweit des Essener Hauptbahnhofes, ist die Unterkirche der Friedenskirche ein idealer Sammelpunkt für den Festivaltag. Ein Konzert am Morgen ermöglicht der Musikerin Virginia Nicoli den Vortrag eines raga, das der frühen Tageszeit zugeordnet ist. Eine auditiv besondere Gelegenheit im europäischen Konzertbetrieb, der überwiegend Aufführungen abends platziert, sodass diese ragas ungehört bleiben.
(2) Vom Sammelpunkt Unterkirche ausgehend, bewegt sich das Publikum gemeinsam in den Stadtteil Borbeck. Eine kleine Bühne der Fußgängerzone in der Borbecker Innenstadt bietet mittags Raum für eine Darbietung der schottischen Kunstmusik Piobaireachd. Der Vortrag im Freien entspricht der traditionellen Aufführungspraxis; der hohe Schalldruckpegel einer Sackpfeife legt es nahe. Die Interpretation Callum Armstrongs bricht mit den Klischees folkloristischer Dudelsackmusik der Zuhörer:innen. In Erinnerung an das Dhrupad Konzert des Morgens ermöglicht die Erfahrung präzise Dierenzierungen von Variationsformen monophoner Stimmverläufe.
(3) In der anschließenden Lecture Performance, welche in der Dreifaltigkeitskirche stattfindet, wird die Reflektion zur Beziehung europäischer und außereuropäischer Musik intensiviert. Der Komponist Johannes Winkler begibt sich auf eine vielschichtige Spurensuche entlang der Denkfigur Tetralemma.
(4) Zum späten Nachmittag öffnet die Matthäuskirche, eine kleine Kirche im Süden Borbecks, ihre Türen; ein kurzer Spaziergang, aber eine weite Zeitreise in die Frühformen europäischer Polyphonie. In der Praxis des Berliner Ensembles Vox Nostra wird daraus aber kein Museumsbesuch zu längst vergangenen Epochen, sondern eine innovative und kritische Reaktivierung des Repertoires. Es erklingen Vokalwerke der Notre-Dame-Schule aus dem 12 Jhr.
(5) Im hellen Residenzsaal des Borbecker Schlosses performt ein für das ya¹ Festival zusammengestelltes Kammermusikensemble ein inszeniertes Konzert. Im ersten Werk, einem Streichquartett Chiyoko Szlavnics’, werden die langen Töne eines Borduns, die in den vorgehenden Konzerten ständig präsent, aber nicht zentral waren, zur musikalischen Essenz. Daran anknüpfend entfaltet sich eine Arbeit von Catherine Lamb. Die der antiken, symbolisch-fiktiven Musikerin Viola Torros gewidmete Komposition hinterfragt die Dichotomie zeitgenössicher und vergangener Kunst. Im spröden Timbre und in langen monophonen Strecken der alten Musik ähnelnd, erweitert das Werk das Erbe mit neuen Intervallen, Spieltechniken und einem elektronischen Instrument.
(6) Der Festivalausklang führt in einen kleinen Park nahe des Schloss Borbeck. Dort befinden sich Lautsprecher; es wird elektronische Musik aufgeführt. Das Publikum befindet sich sitzend innerhalb des Lautsprecherkreises und lauscht den Klängen der Musik. Die sommerliche Picknickatmosphäre eröffnet somit ein niedigschwelliges, kulturell hochwertiges Angebot für sonst schwierig erreichbare komplexe Formen zeitgenössicher, avantgardistischer Musik.